Älter als die Universität
Das Psychologische Institut in Frankfurt
1905 – heute
68iger JAHRE
KRITISCHE PSYCHOLOGIE
Foto: Barbara Klemm
KRITISCHE
PSYCHOLOGIE
Nach dem Vorbild der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule um Adorno und Horkheimer bildete sich 1968 an der FU Berlin eine Gegenbewegung zum Behaviorismus und Testpsychologie unter dem Begriff der Kritischen Psychologie. Ausgehend von der Kritik an der praktischen Verwertung der wissenschaftlichen Psychologie, entwickelte vor allem Klaus Holzkamp eine Richtung, die dialektisch-materialistische Handlungs-theorien marxistischer Wissenschaftstheorie, kulturhistorische Ansätze und gesellschaftspolitisches Engagement miteinander verband.
Unireport 2004: 1968 - das Jahr, das den Muff aus den Talaren fegte
Als Frankfurter Studenten die „autonome und politische Volksuniversität Frankfurt“ ausriefen.
Ausschnitt aus der Frankfurter Allgemeine Zeitung (S),
25.04.1969 (Fr), Seite 45
Flugblätter, Sit-ins, Streiks
Die Universität Frankfurt war einer der Brennpunkte der studentischen Protestbewegung. Mit unterschied-lichen Formen des Protests wurde versucht, sich Gehör zu verschaffen und die traditionellen Strukturen des universitären Systems aufzubrechen. Berühmt wurde eine Aktion der Hamburger Studenten unter dem Slogan „Unter den Talaren, Muff von 1000 Jahren“. Auf die Themen der Lehrveranstaltungen in Psychologie an der Goethe-Universität hatte die Protestbewegung kurzfristig wenig Einfluss, wie ein Ausschnitt aus dem Vorlesungsverzeichnis von 1969 zeigt.
Ab den 70iger Jahren
MODERNISIERUNG UND NEUE TECHNOLOGIEN IN DER PSYCHOLOGIE
Allgemeine Psychologie
Methoden
Arbeitspsychologie
Jügelhaus | Mertonstraße
JOSEFA ZOLTOBROCKI
(*1923 – 1995) Allgemeine Psychologie
Schwerpunkt Gestaltpsychologie
1972 – 1986
FRIEDHELM BURKARDT
(*1929 – 1998) Arbeits- und Verkehrspsychologie speziell zur Arbeitssicherheit im Bergbau
1973 – ca. 1993
VIKTOR SARRIS
(*1939) Allgemeine Psychologie I, Psychologische Methodenlehre, Psychophysik bei Mensch und Tier, Wahrnehmungspsychologie, Psychologiegeschichte insbesondere zu Max Wertheimer
1973 – 2005
WERNER BAUER
Allgemeine Psychologie und Biopsychologie, Forschungsmethoden der Psychologie
1975 – 2004
HELFRIED MOOSBRUGGER
(*1944) Forschungsmethoden und Evaluation, Computergestützte Diagnostik, Statistik
1977 – 2011
INGRID M. DEUSINGER
Sozialpsychologie, Entwicklung der Frankfurter Selbstkonzeptskalen
1972 – 1989
ANNETTE DEGENHARDT
Psychologische Diagnostik, Geschlechtstypisches Verhalten: Mann und Frau in psychologischer Sicht
1974 – 2003
FRITZ SÜLLWOLLD
(*1927 – 2010) Denkpsychologie, Begabung und Leistung, Intelligenzentwicklung, Pädagogische Psychologie
1974 – 2003
Sozialpsychologie
Diagnostik
Kettenhofweg 128
Klinische Psychologie
Psychotherapie
Entwicklungspsychologie
Villa Georg Voigt Str. 8
WOLF LAUTERBACH
(*1941 – 2013) Klinische Psychologie und Psychotherapie, Computerisierte Konfliktdiagnostik, gründete 1993 das universitäre Weiterbildungsprogramm für Psychologische Psychotherapie (das älteste der Goethe-Universität), sein damaliger Mitarbeiter Ulrich Stangier 1999 die Psychotherapeutische Hochschulambulanz
1979 – 2006
FRIEDRICH WILKENING
(*1946) Entwicklungspsychologie, Kognitive Entwicklung und Informationsverarbeitung, Exponat auf der CeBIT in Hannover 1990: “Psychologie der intuitiven Physik – Lernen durch Computerspiele“
1984 – 1992
PSYCHOLANALYSE VS. VERHALTENSTHERAPIE
AfE-Turm, Robert-Mayer-Str. 5 / Senckenberganlage 15
CHRISTA RODHE-DACHSER
Professorin für Psychoanalyse von 1986 bis 2002
SCHULENSTREIT IN FRANKFURT
Aufgrund der Etablierung des Instituts für Psychoanalyse neben dem Institut für Psychologie prallten nun innerhalb des Fachbereichs Psychologie zwei unterschiedliche wissenschaftliche Auffassungen aufeinander. Mit der Berufung von Wolf Lauterbach auf eine 1978 am Institut für Psychologie eingerichtete Professur für Klinische Psychologie hielt der Schulenstreit auch in den unterschiedlichen Konzepten der Psychotherapie am Fachbereich Psychologie Einzug. Während jedoch ab 1993 die Weiterbildung in Verhaltenstherapie und ab 1999 auch die Hochschul-Ambulanz innerhalb der Universität etabliert wurde, blieben Ausbildung und Ambulanz der Psychoanalyse zunächst in dem 1960 gegründeten Sigmund Freud-Institut. Seitdem das SFI 1995 in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt wurde, erfolgt die Psychoanalytische Ausbildung im Rahmen der eigenständigen Frankfurter psychoanalytischen Ausbildungsinstitute. Bis heute beschäftigt der Konflikt die akademische Öffentlichkeit, Hochschullehrer und Studierende: Gibt es Unterschiede in der Wirksamkeit? Können die Vorteile beider Ansätze trotz gegensätzlicher wissenschaftstheoretischer Ursprünge integriert werden? Oder brauchen wir eine neue Psychotherapie, die sich nicht an historischen Schulen, sondern am Fortschritt der Psychologie orientiert?
Villa Georg-Voigt Str. 8
WOLF LAUTERBACH
Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie von 1978 bis 2006
In der Psychoanalyse Freuds gehen Konflikte auf verdrängte psychosexuelle Motive zurück, die aus der Kindheit stammen. Diese für die Entstehung der Hysterie postulierte Hypothese wurde von Freud auch auf andere Störungen übertragen. Im Laufe der Zeit differenzierte sich dieses Konfliktmodell. In der Operationa-lisierten Psychodynamischen Diagnostik etwa werden unbewußte Konflikte aufgrund der Beziehungsgestaltung in der Therapie oder biographischen Mustern vom Interviewer erschlossen.
Abb.: Strukturmodell der Psyche nach Freud
In der Verhaltenstherapie werden motivationale Schemata im Sinne von Annäherung an positive und Vermeidung von negativen Erfahrungen konzipiert. Konflikte entstehen durch Situationen, in denen unvereinbare Bedürfnissen oder Werte auftreten. Wolf Lauterbach entwickelte in den 80iger Jahren ein auf individuellen Werten basierendes Konfliktmesssystem, das durch computerisierte Auswertung erstmalig eine quantifizierte Bestimmung des Ausmaßes an Konflikten ermöglichte.
Abb.: Robotron K8915